Station 4 - Deutsch

Station Kleine Sünde – große Folgen

Gesegnet sei des Bibers Fleisch

“Sit benedicta fibri caro, piscis voce salubri”. Mit diesem kirchlichen Segen wurde vor über 1000 Jahren der Biber zum kaltblütigen, fischähnlichen Tier erklärt, dessen Verzehr damit auch in der Fastenzeit erlaubt war.

Der mit fischschuppenähnlichen Hautplatten statt mit Haaren bedeckte Schwanz des Bibers war die Ursache, weshalb ihm als willkommene Bereicherung des Speiseplans der Fastenzeit seit dem Mittelalter auch in der Eifel massiv nachgestellt wurde. Den kellenförmig ausgebildeten Schwanz, der fast ein Drittel der Körperlänge ausmacht, nutzt der Biber nicht nur als Steuerruder. Er speichert auch Fettreserven und hilft bei der Regulierung der Körpertemperatur.

Den Fischotter, der mit dem Biber lediglich die aquatische Lebensweise gemeinsam hat, setzte man bei der Gelegenheit gleich mit auf die Liste der erlaubten Fastenspeisen.

 

Nachfolgend ein historisches Rezept aus „Großes Illustriertes Kochbuch für den einfachen, bürgerlichen und den feineren Tisch.“ von 1897:

Rezept 2178: Gedämpfter Biberschwanz

Biber sowohl als Fischotter sind als Fastenspeise erlaubt und bilden zur Fastenzeit eine angenehme Abwechslung. Vom Biber ist besonders der Schwanz wohlschmeckend. Der Biberschwanz wird gut gereinigt und gewaschen, alsdann in Scheiben geschnitten, in ein irdenes Gefäß gelegt und mit einer Marinade aus gutem Essig, den man mit allerlei Kräutern, Gewürz, Lorbeerblättern und Zwiebeln aufgekocht hat, übergossen und 6-8 Stunden darin aufbewahrt. Alsdann macht man in einem Schmortopf oder Ziegel ein Stück Butter gelb, tut etliche geschnittene Zwiebeln und Suppenwurzeln hinein, legt das Fleisch drauf, bestreut es mit Salz und lässt es, gut verdeckt, dämpfen. Nach einiger Zeit dreht man die Scheiben um, gießt ½ Liter Rotwein drauf, tut in Butter geröstete Semmel dazu und lässt es gar kochen. Alsdann nimmt man das Fleisch heraus und lässt die Brühe eine Weile abseits vom Feuer ruhig stehen, damit sich das Fett an der Oberfläche sammelt. Nachdem man dasselbe rein abgeschöpft hat, gießt man die Sauce durch ein Sieb, lässt sie nochmals aufkochen und drückt den Saft von 1 Zitrone hinzu. Dann lässt man das Fleisch in der Sauce noch einmal scharf heiß werden und richtet es an.

Rezept 2180: Fischotter in Rotwein gedämpft

Der Fischotter wird abgezogen und in Stücke zerlegt. Darnach werden die einzelnen Stücke genauso behandelt wie der Biberschwanz Rez. 2178.

 

Bibergeil

Das Bibergeil oder Castoreum dient dem Biber zur Duftmarkierung seines Reviers. Dieses Sekret wird in zwei bis zu Ei-großen Analdrüsen produziert, die man früher für die Hoden des Nagetieres hielt (daher: Bibergeil).

Insbesondere die Menschen im späten Mittelalter schrieben dem Bibergeil große Heilwirkung zu. In dem medizinischen Werk Casterologia (1685) sind über 200 verschiedene Rezepturen für Arzneien aus dem Castoreum aufgelistet - mit der Folge, dass der Biber auch deswegen europaweit gnadenlos verfolgt wurde.

Dabei ist die Wirkung mehr als fraglich. Allerdings enthält das Bibergeil wegen des häufigen Verzehrs von Weidenrinde Salizylsäure. Die kennen wir als Hauptwirkstoff des Schmerzmittels Aspirin.

Links in der Ecke finden Sie einen tastbaren Biber mit verschiedenen Geräuschen und dem Geruch des Bibergeils.